"eine Leidenschaft, die Leiden schafft"
Berchtesgadener Land Radmarathon (2010)

"eine Leidenschaft, die Leiden schafft"

Platz 18 reichte für's Alpencup-Stockerl

Ich fuhr mit gemischten Gefühlen zum Engadin Radmarathon nach Zernez. Zum einen steckte mir noch die TOUR-Transalp in den Knochen und zum anderen war ich die ganze Woche über verschnupft und hatte starke Halsschmerzen. Dennoch wollte ich den Alpencup zu Ende bringen und meinen 3. Platz in der Gesamtwertung verteidigen. Vor diesem letzten Rennen, hatte ich einen 5-Minuten-Rückstand auf den Zweitplatzierten und einen Vorsprung von 13 Minuten auf die Plätze 4 und 5. Beim Engadin Radmarathon kann man jedoch (trotz guter Ausgangssituation) sehr schnell 10 bis 20 Minuten verlieren, hierfür reicht sogar unter Umständen der Schlussanstieg zum Albulapass aus.

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Kurz vor dem Start konnte ich mir noch ein Lächeln abringen

Ich bin mit Dani bereits am Samstagmittag ins schöne Engadin gefahren und so konnten wir völlig stressfrei die Startunterlagen besorgen, Mittagessen und im Hotel einchecken. Am Abend trafen wir dann meine Poinger Radfreunde und auf dem Fahrerbriefing mussten wir uns dann anhören, dass es am Sonntag beim Start nur noch 3 Grad haben solle. Ab da wusste ich, dass es mit meiner Erkältung sehr schwer werden würde. Leider traf das Orga-Team mit der Temperaturprognose ins Schwarze und es war zum Start wirklich bitter kalt. Ich hab mich so gut es ging angezogen und anschließend frierend auf den Startschuss gewartet. Den Ofenpass fuhr ich nicht allzu schnell, musste jedoch trotzdem sehr stark atmen. Der Puls stieg, ich rang nach Sauerstoff und es blieb mir nichts anderes übrig, als diese eiskalte Luft einzuatmen. Als wir dann durch den Tunnel nach Livigno fuhren, brannten meine Lungen so stark, dass ich mir schon mal weitere Optionen ins Bewusstsein gerufen hatte: Nur die Kurzstrecke fahren oder das Rennen vielleicht sogar aufgeben.

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Tagessieger LS bis Jahrg. 65: Andi Ortner (2) & Thomas Lechermann (1)

Es haben sich jedoch in Livigno wieder alle in einer großen Gruppe vereint und so konnte man relativ stressfrei "mitrollen". Am Forcola de Livigno ging es mir den Umständen entsprechend gut, am letzten Teil des Berninapasses musste ich jedoch wieder sehr stark leiden. An diesem Schlussanstieg zum Berninapass ging es mir die letzten Jahre noch nie wirklich gut, aber in diesem Jahr bekam ich halt zusätzlich noch wenig Luft. Irgendwie habe ich mich dennoch über die Passhöhe gequält und auf der darauffolgenden Abfahrt, konnten wir mit vereinten Anstrengungen wieder zur 1. Verfolgergruppe aufschließen. Mit dieser sind wir dann sehr gemütlich und mit ca. 1 Minute Rückstand auf die Spitzengruppe, durchs Engadin gefahren. Kurz vor Zernez wurden die Kurzstreckenfahrer dann nervös und es folgte der erwartete Zielsprint. Diesen konnten wir uns im hinteren Drittel in Ruhe anschauen, was uns von den bevorstehenden Aufgaben etwas Ablenkung verschaffte.

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Tagessieger LS ab Jahrg. 64: Harry Nussbaumer (2), Paul Lindner (1) & Martin Sommer (3)

Als wir dann in Susch links auf den Flüelapass abbogen, wurden die meisten (auch ich) nochmals mit Wasser versorgt. Ich fand sofort einen sehr guten Rhythmus und konnte sehr gleichmäßig im vorderen Teil der Gruppe hochfahren. Das war meine stärkste Phase im Rennen, ich fühlte mich stark genug und hatte vor dem Albulapass keine große Angst mehr - das war ein Fehler ;-) Mit einer sehr netten und vor allem schnellen Gruppe sind wir dann über Schmitten zum Albulapass gefahren. Leider wurden wir zweimal von roten Ampeln aufgehalten, was uns bestimmt 3 Minuten gekostet hat. Egal - meine Alpencup-Verfolger hatte ich bereits am Flüelapass hinter mir lassen können und so wollte ich nur noch gleichmäßig den Albulaanstieg überstehen.

Unsere Gruppe wurde bereits im unteren Teil des Anstieges auseinander gerissen und jeder suchte sich sein eigenes Tempo. Ich fand auch meine Geschwindigkeit und konnte zunächst noch (wie im letzten Jahr) Seite an Seite mit Harry Nussbaumer fahren. Bereits im Mittelteil wurde ich jedoch immer kraftloser und ich bekam einen wirklich üblen Einbruch. Unfreiwillig hab ich nun auf Notfall-Modus umgeschaltet: Kleinster Gang und minimale Trittfrequenz. Es wurde jedoch noch schlimmer und im oberen Teil konnte ich bereits Hans erkennen, der Kehre für Kehre immer näher kam. Auf der Passhöhe wurde ich dann von Hans und auch Christian Baldauf (Bosch-Team Allgäu) eingeholt und wir konnten gemeinsam die letzten Kilometer in Angriff nehmen. Kurz vor Zernez haben wir nochmals einen Fahrer eingesammelt und so ging es zu viert in Richtung Ziel. Die beiden Nachwuchstalente haben sich noch einen kleinen Zielsprint geliefert, während ich mit Hans gemeinsam über die Zielmatte fuhr.

Eine warme Dusche später, hab ich mir dann die Ergebnislisten im Zielbereich angeschaut. Mit Überraschung nahm ich zur Kenntnis, dass der Alpencup-Zweitplatzierte gar nicht auf der Liste stand. Das brachte eine gute und eine schlechte Nachricht mit sich. Zuerst die schlechte: Ich konnte meinen angestrebten 3. Platz in der Gesamtwertung nicht verteidigen. Die gute: Mit etwas Glück rutschte ich nämlich auf den 2. Platz vor :-)

Ergebnisliste (Platz 18 | 06:49:57 h)