"eine Leidenschaft, die Leiden schafft"
Berchtesgadener Land Radmarathon (2010)

"eine Leidenschaft, die Leiden schafft"

Perfektes Rennen mit Platz 6 belohnt

In Zernez reichte es endlich für den lang ersehnten Top-Ten-Platz. Eine regelmäßige Energieversorgung (Semmel, Riegel, Enervitene), die richtige Labe um Wasser nachzufüllen (Flüela) und vor allem eine vernünftige Renn- und Kräfteeinteilung, waren die Erfolgsgaranten für mein bestes Saisonergebnis. Die Auffahrten Ova Spin, Forcolapass, Berninapass, Flüelapass konnte ich mit der ersten Verfolgergruppe in einem noch fahrbaren Tempo zurücklegen und mir somit für den Schlussanstieg zur Albulapasshöhe die nötigen Körner sparen.

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So sind wir auf dem Berninapass empfangen worden

Die Albulaauffahrt habe ich dann mit einem fast perfekten Energieeinsatz bewältigt. Ich bin unten nicht zu schnell rein gefahren, konnte im Mittelteil nochmals zulegen und im oberen Teil meine Geschwindigkeit halten. So kam es dann auch, dass ich mich von meiner Gruppe (Harry Nussbaumer & Andrea Florinett) lösen und anschließend noch 3 weitere Fahrer einholen konnte. Auf den letzten Kilometern habe ich mich dann mit Simon Schmidmayr vom RSV Rosenheim zusammen getan, um nach der Abfahrt auf dem 20 Kilometer langen Flachstück nicht alleine fahren zu müssen. Wir haben uns super verstanden und auch sehr effizient und gleichmäßig mit Windschattenfahren abgewechselt. Simon wollte mir dann freiwillig vor dem Ziel den Vortritt lassen, wir haben uns dann aber auf eine gemeinsame Zieldurchfahrt geeinigt. Hin und wieder gibt es noch Fahrer, die Sportsgeist besitzen und nicht rücksichtslos nur auf ihren Vorteil bedacht sind. Von den unzähligen Hinterradlutschern, welche während des gesamten Wettkampfes nicht einmal im Wind fahren und am Ende dennoch mitsprinten wollen, habe ich genug. Radsport hat natürlich auch für mich mit Ehrgeiz, Willenskraft und Durchsetzungsvermögen zu tun, an oberster Stelle sollte meiner Meinung nach jedoch der gegenseitige Respekt stehen.

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Meine Gruppe zwischen Samedan und Susch

Durch die kurzfristige Idee mich etwas einzuradeln, bin ich fast zu spät zum Start gekommen. Als ich da war fiel dann sofort der Startschuss und die Radlerhorde machte sich direkt an den ersten Aufstieg nach Ova Spin. Jedes Jahr aufs Neue muss ich hier extrem leiden, da ich einfach nicht nach dem Start schnell einen Anstieg hochfahren kann. Aufgrund dieser Erkenntnis habe ich meine Geschwindigkeit etwas reduziert und musste schweren Herzens einige Fahrer ziehen lassen. Noch vor dem Tunnel und anschließend im Tunnel konnte ich mich wieder in der großen Verfolgergruppe einreihen. Erstaunlicherweise befand sich da auch Paul Lindner, welcher sonst ja als Blitzstarter bekannt ist. Mir war sofort klar, dass mit Paul etwas nicht stimmen konnte. Unsere Gruppe fuhr mit einem angenehmen Tempo durch Livigno und anschließend dem Forcolapass entgegen. Bereits im unteren Teil musste Paul (Führender Alpencup Extrem) abreißen lassen und spätestens jetzt war klar, er muss krank sein oder ein anderes Problem haben. Vorweggenommen: Paul Lindner konnte den Radmarathon nicht finishen und ist somit aus der Gesamtwertung rausgeflogen. Sportlich konnte ihm dieses Jahr (in der Alpencup Extrem Wertung) niemand das Wasser reichen und er hätte sicherlich die Gesamtwertung verdient gewonnen.

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Die wunderschöne Gegend um Livigno

Mein Rennen ging jedoch weiter und zwar sehr anstrengend. Am Forcola ging es noch ganz gut, doch der letzte Teil des Berninapasses ist relativ steil und somit schlecht für mich. Unsere Gruppe zerfiel auf den letzten Metern zur Passhöhe nach und nach, die einzelnen Gruppen wurden jedoch bei der anschließenden Abfahrt wieder zusammengeführt. Unten angekommen, ging es in moderatem Tempo Richtung Zernez. Das war der angenehmste Teil des Rennens und man konnte sich auch mal unterhalten. Natürlich befand sich auch Hans und ein paar andere bekannte Fahrer in dieser Gruppe, es blieb nur die Frage, wer von dieser großen Gruppe in Zernez ins Ziel sprintet und wer sich mit uns auf die lange Strecke machen würde. Nach Zernez kam wieder ein alt bekanntes Problem ins Spiel, eine ca. 20 Mann große Gruppe und niemand war bereit an der Spitze zu fahren. Es ging jedoch nur ein paar Kilometer bis nach Susch und dann stand so oder so das erste große Hindernis im Weg, der Flüelapass.

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Bayerische Lebensfreude in der Schweiz - Radsport von seiner schönsten Seite ;-)

Bereits im unteren Teil fuhren ein paar Fahrer für mich zu schnell und langsam davon. Ich suchte mein eigenes Tempo und konnte mich mit Harry Nussbaumer ebenfalls von der restlichen Gruppe lösen. Das ausgesuchte Tempo war genau richtig und wir konnten es bis zur Passspitze halten und unseren Vorsprung nach hinten etwas ausbauen. Im oberen Teil waren wir dann zu viert und alle wurden von Betreuern und Angehörigen mit Wasser und Essen versorgt. Ich hatte mir ebenfalls die Flüelapasshöhe zur Wasserversorgung ausgesucht. Bis ich jedoch an der Labe endlich normales Leitungswasser für meine beiden Trinkflaschen bekam, waren die anderen schon wieder ein paar Meter weg. Ich konnte jedoch in der Abfahrt die Lücke wieder zu fahren. Jetzt hätte ich fast vergessen zu erwähnen, dass es auf ungefähr halber Höhe anfing zu regnen. Dieser Regen wurde immer stärker und bei der Flüelaabfahrt war es dann wirklich übel und man musste sehr früh bremsen, um die Kurven noch zu erwischen. Nach der Abfahrt waren wir nur noch zu dritt, Harry Nussbaumer, Andrea Florinett und ich. Wir fuhren dann gemeinsam bei strömendem Regen und kalten Temperaturen über Schmitten in Richtung Alvaneu Bad.

Da stand dann der längste Anstieg auf den Albulapass auf dem Programm, das Beste kommt eben immer zum Schluss ;-) Wie wenn das nicht schon reichen würde, zog nun ein übles Gewitter auf. Positiv war jedoch mein körperliches Befinden. Jetzt galt es keine Körner mehr zurück zu halten und ich schlug ein etwas höheres Tempo an. Nach kurzer Zeit musste sich Andrea Florinett aus unserer Gruppe verabschieden. Bis kurz nach Bergün fuhren wir dann gleichmäßig aber zügig zu zweit, bis dann auch Harry Nussbaumer abreißen ließ. Das motivierte mich nochmals meine Geschwindigkeit zu forcieren und schon bald sah ich Simon Schmidmayr vor mir, dieser überholte jedoch gerade zwei andere Fahrer. So konnte auch ich kurze Zeit später diese beiden Fahrer überholen. Simon konnte sein Tempo auch nochmals erhöhen und sich noch bis ca. 3-4 Kilometer unter der Passhöhe vor mir halten. Da schloss ich dann zu ihm auf und unterbreitete ihm folgenden Vorschlag: Ich würde nicht überholen, sondern gern mit ihm gemeinsam den restlichen Pass und noch wichtiger, anschließend das Flachstück bewältigen. Ihm kam dieser Vorschlag natürlich auch entgegen und wir fuhren nun bis zum Ziel gemeinsam. Unsere Zusammenarbeit funktionierte super und war für beide von Vorteil. Er bot mir kurz vor dem Ziel an vor ihm durchs Ziel zu fahren, was ich als sehr nett und anständig empfand. Mir war es jedoch lieber, gemeinsam über die Ziellinie zu fahren, da wir die letzten Kilometer ja auch gemeinsam gefahren sind.

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Was man auf dem Bild nicht richtig erkennen kann - es hat geregnet :-(

Er wurde in Alpencup-Classic-Serie (3 Radmarathons) nun zweiter und ich fahr ja die Alpencup-Extrem-Serie (4 Radmarathons) und muss in Landeck zum TirolWest Radmarathon nochmals antreten. Kurz nach der Zieldurchfahrt erfuhr ich von Winne und Helmut das ich wohl 7. oder 8. geworden sei. Letztendlich war es dann nach einer weiteren Disqualifikation der 6. Platz. Winne und Helmut sind übrigens die kurze Runde gefahren und haben bereits im Zelt Bier getrunken, während ich noch stundenlang im strömenden Regen unterwegs war :-(


"Glück im Glück"

Normalerweise lautet der Spruch ja "Glück im Unglück", aber ich empfand es bereits als Glück mal ein gelungenes Rennen ohne Komplikationen ins Ziel gebracht zu haben. Als mir dann noch klar wurde, dass Marc Lipowitz gar nicht am Start und Paul Lindner nicht gefinisht hat, war das dann halt "Glück im Glück". Später habe ich rausbekommen, das Marc sich wohl kurzfristig für die JEANTEX TOUR Transalp entschieden hat und somit aus der Alpencup-Wertung rausflog. Marc war in meiner Altersklasse auf Platz 1, Frank Haun auf Platz 2, ich auf dem dritten und Hans Miggenrieder auf dem vierten Platz. So konnten Frank auf den ersten, ich auf den zweiten und Hans auf den dritten Platz vorrücken. Dieser Zwischenstand unserer Altersklasse stellt auch gleichzeitig die Gesamtwertung dar, da Paul Lindner ja auch aus der Wertung geflogen ist und nur er aus einer anderen Altersklasse vor uns war.

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Zieldurchfahrt mit Simon Schmidmayr vom RSV Rosenheim

Für wen das jetzt zu kompliziert war - ich bin jetzt auf dem 2. Platz in der Gesamtwertung Alpencup Extrem. Wenn Hans und ich beim TirolWest Radmarathon keinen Einbruch, keine Panne und keinen Unfall haben, könnten wir gemeinsam auf dem Podium zur Alpencup-Gesamtwertung stehen – das wäre der Wahnsinn!

Ergebnisliste (Platz 6 | 06:47:18 h)