"eine Leidenschaft, die Leiden schafft"
Berchtesgadener Land Radmarathon (2010)

"eine Leidenschaft, die Leiden schafft"

Nachlässigkeit brachte mich um Platz 8

Auch als Radfahrer kann es nicht schaden auf den deutschen Fußball-Bundestrainer zu hören. Hätte ich mich nämlich am letzten Anstieg an den Lieblingsspruch von Herrn Löw "Högschde Konzentration" erinnert, wäre ich nicht falsch gefahren und hätte somit keinen Top-Ten-Platz verschenkt.

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Immer schön klein machen bei der Abfahrt :-)

Aber von Anfang an...
Entgegen meiner schlimmsten Befürchtungen war das Wetter am Sonntag in der Früh sehr freundlich und die Temperaturen waren für diese Uhrzeit auch sehr angenehm. Im Gegensatz zu den Vorjahren war ich beim 4. Berchtesgadener Land Radmarathon nicht auf mich alleine gestellt. Sowohl ich, als auch mein Radkollege Hans Miggenrieder aus München, wurden von meiner Freundin Dani auf dem Hochschwarzeck mit Wasser versorgt. Somit hatte ich für die 200 Kilometer-Tortour 2 x 2 Trinkflachen à 1 Liter (also 4 Liter) zur Verfügung. In den Jahren zuvor hatte ich am Ende immer wieder Krämpfe aufgrund von Flüssigkeitsmangel, wogegen ich mich in diesem Jahr den Umständen entsprechend gut gefühlt habe.

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Bad Reichenhall zeigte sich am Renntag von seiner Schokoladenseite

Die Anfangsphase des Rennens bot keine Überraschungen, am Wachterl fuhr eine Schnellstarter-Gruppe mit den üblichen Verdächtigen Ortner, Lindner, Lipowitz etc. auf und davon. Ich fand mich jedoch zum Glück in der nächsten, der ersten Verfolgergruppe, wieder. In der anschließenden Abfahrt tauchte von vorne auf einmal Marc Lipowitz wieder auf, welcher sich dann unserer Gruppe anschloss. Auf dem Weg zur Streckenteilung bzw. zum Rossfeld zählte unsere Gruppe mehr als 20 Fahrer, leider waren mit mir nur weitere 3 Fahrer bereit Führungsarbeit zu leisten, so dass wir nur gemächlich vorwärts kamen. Nach der Streckenteilung waren wenigstens die meisten "Hinterradlutscher" auf die kurze Strecke abgebogen und ich konnte mich wieder ohne Zorn und Ärger voll und ganz auf mein Rennen konzentrieren.

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Nach und nach füllten sich die Startblöcke

Als es dann das Rossfeld hochging, teilte sich unsere Gruppe nochmals - Marc Lipowitz, Frank Haun, Martin Reuel, Thomas Ramsauer und ich konnten uns nach und nach etwas absetzen. Im oberen Teil mussten dann auch leider Thomas und ich abreißen lassen. Bei der folgenden Abfahrt kam dann von hinten noch Richard Wolf (RSV Sonthofen) und von vorne Martin Reuel dazu und somit waren wir für das anstehende Flachstück bis nach Berchtesgaden zu viert. Dort angekommen, nahmen wir dann gemeinsam den Anstieg auf das Hochschwarzeck in Angriff. Leider fiel Thomas im unteren steilen Teil zurück und musste uns ziehen lassen. Unsere Gruppe war jedoch nicht lange zu dritt, da wir auf einen Sport-Nora-Fahrer auffuhren und dieser sich unserer Gruppe anschloss. Ich kam dann kurz darauf bei Dani vorbei und bekam zwei neue Trinkflaschen, was auch bitter nötig war. In dieser neuen 4er-Gruppe fuhren wir dann wieder an Bad Reichenhall vorbei in Richtung Anger. Bei der zweiten Streckenteilung fuhren wir dann zu meinem Erstaunen auf Frank Haun auf, welcher wohl das Tempo von Marc Lipowitz auch nicht mehr halten konnte.

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Das Berchtesgadener Land gehört zu den schönsten Regionen Deutschlands

Die nächsten Stunden fuhren wir auf flachem, bis welligem Terrain und sammelten immer wieder einzelne Fahrer auf. Als wir dann Bad Reichenhall und dem Ziel immer näher kamen fing ich zu rechnen an und mir wurde bewusst, dass es in unserer Gruppe um einen Top-Ten-Platz gehen müsste. Ich fühlte mich zu diesem Zeitpunkt noch recht gut und hab mir aus diesem Grund auch Chancen für einen Zielsprint ausgerechnet. Eigentlich kann man in Bad Reichenhall nicht von einem direkten Zielsprint sprechen, da es am Schluss noch über Bayerisch Gmain einen finalen Anstieg hochgeht und sich meist hier die Spreu vom Weizen trennt. Nach diesem Anstieg sind zwar noch 1-2 Kilometer zu fahren, aber fast nur noch bergab. Also war meine Taktik klar: An diesem Anstieg attackieren und bei den letzen abfallenden Kilometer mit aller Kraft das Tempo halten.

Als wir unten in den Anstieg fuhren, hielt ich mich zunächst noch zurück, als dann aber Frank Haun einen Ausreißversuch wagte, fuhr ich ihm hinterher und anschließend gleich an ihm vorbei. Nun setzte ich alles auf eine Karte und fuhr im Wiegetritt und einem großen Gang den Anstieg hoch. Oben kam dann eine Kreuzung und ein paar Autos versperrten mir den Weg. Da ich diesen schwer erkämpften Vorsprung jedoch nicht mehr verschenken wollte, hab ich mich zwischen den Autos durchgeschlängelt und bin mit vollem Tempo links abgebogen. Mit einem erneuten Blick nach hinten, wollte ich meinen Vorsprung überprüfen, doch was ich da sah konnte ich nicht glauben. Simon Schmidmayr, Frank Haun und drei weitere Fahrer waren bereits nach rechts abgebogen. Der Super-GAU, ich hatte mich verfahren. Eine Gedenksekunde später habe ich dann um 180 Grad gewendet und bin mit einer Mischung aus Adrenalin, Wut und Verzweiflung den anderen hinterher gefahren. Bei der Abfahrt konnte ich nochmals drei Fahrer einholen und bin somit hinter Frank Haun in die zwei 90-Grad-Kurven eingebogen. Nach der letzten Kurve habe ich dann mit pedalieren aufgehört um ins Ziel zu rollen. Zu allem Überfluss wurde ich noch auf der Ziellinie von Richard Wolf überholt. Somit habe ich durch das falsche Abbiegen einen 8. Platz und auf der Zielgeraden noch den 10. Platz verschenkt.

Das mit der Zielgeraden scheint zur Gewohnheit zu werden, da ich ja in Radstadt ebenfalls einen sicher geglaubten 10. Platz auf der Ziellinie verloren habe. Die Situation ist wirklich bitter, wenn man sportlich auf Platz 8 gefahren wäre und nur durch Unachtsamkeiten in den letzen 2 Minuten noch bis auf Platz 11 zurückgefallen ist. Da ich jedoch kein Anfänger mehr bin, sollte mir so etwas auch nicht mehr passieren.

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Irgendwo auf der Strecke


Weshalb konnte ich mich verfahren?

Da könnte es mehrere Gründe geben. Ich habe mich wahrscheinlich zu stark auf die vor mir stehenden Autos konzentriert, die Stresssituation im Allgemeinen und auch der Sauerstoffmangel nach diesem Gewaltakt, hat sicherlich seinen Teil dazu beigetragen. Auf jeden Fall ist die Schuld hundertprozentig bei mir selbst zu suchen, die Steckenbeschilderung war ausreichend und die Streckenposten haben hervorragende Arbeit geleistet.


Was bleibt positives?

Sportlich komme ich langsam in Fahrt und ich kann mich nun auch im Fahrerfeld etwas besser einordnen. Sportler wie Paul Lindner und Marc Lipowitz werden jedoch in diesem Jahr und wohl auch in Zukunft, außer meiner Reichweite sein. Da ich durch meine späten Trainingslager noch etwas hinterher hänge, erhoffe ich mir für die nächsten Rennen eine Steigerung. Und irgendwann kann vielleicht selbst meine Dummheit einen Top-Ten-Platz nicht mehr verhindern :-)


Ergebnisliste (Platz 11 | 05:50:33 h)