"eine Leidenschaft, die Leiden schafft"
Berchtesgadener Land Radmarathon (2010)

"eine Leidenschaft, die Leiden schafft"

Glück im Rennen - Pech im Zielsprint

Was mich besonders freut: Meine Theorien aus dem Radstadt-Bericht scheinen sich zu bewahrheiten :-) Theorie 1 ist unumstritten – es gibt dieses Jahr wieder sehr viele gute und vor allem schnelle Fahrer im Alpencup. Die 2. Theorie lautete "Unglücklicher Rennverlauf und persönliche Defizite". Beim BGL Radmarathon konnte ich mit einem glücklichen Rennverlauf (dazu später mehr) und aufsteigender Form ein deutlich besseres Ergebnis erreichen. Vor allem die 3. Theorie scheint zu greifen: Wenn die Wettkämpfe und Berge länger werden, können sich viele Straßenrennfahrer nicht mehr so weit vorne platzieren, wie es noch in Radstadt (schnell und nicht so bergig) der Fall war. Über einen Anstieg wie das Roßfeld, schaffen es halt nicht mehr 30 Fahrer gemeinsam, sondern nur noch 2 Fahrer als Spitzengruppe und eine erste Verfolgergruppe mit ca. 10 Fahrern.

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Diesmal war ich mit dem "bösen" schwarzen Trikot unterwegs ;-)

Überrascht war ich bereits nach dem ersten Anstieg (Wachterl), ich konnte tatsächlich mit der Spitzengruppe hochfahren und mich mit letzten Kräften auch in dieser Gruppe vorerst mal halten. Hans war natürlich auch mit dabei und augenscheinlich fiel ihm dieser Kraftakt etwas leichter ;-) Als wir dann das Roßfeld unter die Räder nahmen, hatte ich Angst, dass ich am ersten Anstieg vielleicht etwas zuviel investiert haben könnte. Es lief jedoch ganz gut, lediglich eine Spitzengruppe von rund 10 Leuten fuhr unserer Gruppe langsam aber stetig davon. In meiner Gruppe sammelte sich, wie auch schon in Radstadt: Harry Nussbaumer, Rainer Maaßen, Hans Miggenrieder und noch ein paar andere Fahrer. Kurz darauf zeigte Hans uns, in was für einer guten Bergform er ist. Nach und nach machte er auf uns Meter um Meter gut und verkürzte seinen Abstand zur Spitzengruppe. Sein Einsatz wurde belohnt und er schaffte nach der Abfahrt den Anschluss an diese erste 10-köpfige Verfolgergruppe. Zwei Radfahrer fuhren jedoch am Roßfeld allen auf und davon und das waren Andi Ortner (Corratec World Team) und Toni Kaunzner (RSV Traunstein). Am Ende gewann dieses Duo mit einem Vorsprung von über 6 Minuten auch gemeinsam (Hand in Hand) das Rennen.

Zurück zu meiner Gruppe: Wir kamen etwas versprengt oben auf dem Roßfeld an und machten uns sofort an die Abfahrt. Unten angekommen, mussten wir auf flachem Terrain zurück nach Berchtesgaden fahren, leider war nach der langen Abfahrt nur noch Harry Nussbaumer da. Es blieb uns nichts anderes übrig, als auf die nächsten Fahrer zu warten und so formierte sich eine ca. 8-köpfige zweite Verfolgergruppe. Beim Anstieg zum Hochschwarzeck fielen nochmals Fahrer hinten weg und von vorne sammelten wir Christian Ploch (Bad Waldsee) ein. Nach der Abfahrt waren wir jedenfalls 6 Fahrer, die die letzen 100 etwas flacheren Kilometer in Angriff nahmen. Obwohl die ganzen topographischen Schwierigkeiten bereits in der ersten Rennhälfte absolviert wurden, sollte es die zweite Rennhälfte ebenfalls in sich haben. Wir legten mit abwechselndem "Windkreiseln" ein Tempo vor, welches ich mir nie vorstellen konnte, längere Zeit zu halten. Es klappte jedoch hervorragend und wir kamen zügig vorwärts.

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v.l.n.r.: Rainer Maaßen, ich und Christian Meyer

Nach Anger verloren wir dann Christian Ploch, sammelten aber dafür Frank Haun ein, der aus der ersten Verfolgergruppe zurückgefallen war. Wieder zu sechst, erfuhren wir von Frank, dass von den ehemals ca. 5 Minuten Rückstand nur noch ungefähr 2 Minuten auf die erste Verfolgergruppe übrig geblieben war. Diese Nachricht motivierte und puschte uns nochmals zusätzlich. Kurz vor Anger sahen wir (fast ungläubig) in weiter Ferne ein Führungsfahrzeug und die 10-köpfige Verfolgergruppe. Die kleineren Schwierigkeiten in und um Anger absolvierten wir ohne zu bummeln und machten uns mit immer noch sehr hohem Tempo auf die Verfolgung. Gerade als wir auf die Hauptstraße nach Bad Reichhall einbogen, sahen wir die Gruppe kurz vor uns. Mit letzten Kräften kämpften wir uns an diese Gruppe ran und konnten kurz vor dem letzen Anstieg in Bad Reichenhall aufschließen.

Trotz dieser fulminanten Aufholjagd konnte ich am letzten Berg (erstaunlicherweise) noch sehr gut mithalten und brachte mich auf der anschließenden Abfahrt in eine gute Ausgangsposition für den Zielsprint. Da ich den größten Teil dieser Abfahrt auf dem Fahrrad liegend (im Windschatten) nicht treten musste, hatte ich auch noch genügend Körner für den finalen Sprint. Ich wollte auf der linken Außenseite kommend, in die letzte 90-Grad-Rechtskurve reinbrechen und somit mit sehr viel Schwung in Richtung Ziel sprinten. Uns allen war zu diesem Zeitpunkt bewusst, dass es um den 3. Platz ging. Meine Taktik wäre sicherlich nicht schlecht gewesen, wenn ich frühzeitig den mit Absperrungshütchen verengten Zielkanal gesehen hätte. Plötzlich tauchten die Hütchen vor mir auf und ich hatte auf der rechten Seite kein Platz mehr, um noch einlenken zu können. So blieb mir nichts anderes übrig, als keine 100 Meter vor dem Ziel abzubremsen. Natürlich kam ich viel zu langsam aus der Kurve raus und musste mühsam wieder Tempo aufnehmen. Wer schon selbst einen Zielsprint erlebt oder auch nur einen im Fernsehen gesehen hat, kann sich denken, dass ich nicht Dritter geworden bin :-) Am Ende sprang immerhin noch Platz 10 für mich raus und Hans ersprintete sich einen hervorragenden 5. Platz.

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Zielsprint bei einer beeindruckenden und stimmungsvollen Zuschauerkulisse

Auch wenn bei diesem Zielsprint mehr drin gewesen wäre, bin ich doch über den gesamten Rennverlauf sehr glücklich. Das wir mit unserer sehr starken zweiten Verfolgergruppe einen 5-minütigen Vorsprung auf die erste Verfolgergruppe noch egalisieren konnten, war einfach genial! Denn, wenn man sich das Rennen mal durch die "Alpencup-Brille" ansieht, spielt die Platzierung keine Rolle. Wir sind alle innerhalb von 3 Sekunden durchs Ziel gefahren, auf den 3. Platzierten habe ich zum Beispiel einen Rückstand von 2,6 Sekunden. In der Alpencup-Gesamtwertung konnte ich somit Plätze gut machen und mich vom 5. auf den 3. Platz verbessern. Wenn die anstehende Jeantex-TOUR-Transalp gut und verletzungsfrei verläuft, möchte ich beim Abschlussrennen im Engadin mindestens meinen 3. Platz verteidigen ;-)

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Bei unserer Gruppe ging es im Zielsprint um den 3. Platz

Wir (meine Freundin, mein Vater und ich) hatten bei der Hinfahrt schon so unsere Probleme mit meinem Auto, da es nicht mehr so richtig zog und auf der Autobahn nur noch max. 160 km/h fuhr. Wir hofften aber dennoch, nach dem Rennen noch nachhause zu kommen – diese Hoffnung war leider vergebens. Von Bad Reichenhall aus, kamen wir ungefähr noch 20 Kilometer auf der A8 in Richtung München, als mein Auto plötzlich nur noch 60 km/h schaffte. Zu diesem Zeitpunkt mussten wir einen längeren Anstieg bewältigen und das Auto wurde nochmals langsamer. Zum Glück schafften wir es gerade noch in einen Parkplatz. Kurze Zeit darauf wurden wir vom ADAC nach Teisendorf abgeschleppt und anschließend mit der bitteren Nachricht konfrontiert, dass mein Kat defekt sei und er erst am nächsten Tag ausgetauscht werden könne. Unabhängig davon, dass diese Reparatur wohl mehr als der gesamte Alpencup und die komplette Jeantex-TOUR-Transalp kosten wird, mussten wir ja auch noch nach Hause kommen. Gegen teures Geld bekamen wir dann einen Mietwagen zur Verfügung gestellt. Schweren Herzens musste ich mein Auto und noch schlimmer mein Fahrrad (im Kofferraum) in der Werkstatt in Teisendorf zurücklassen. Um 20:30 Uhr sind wir dann endlich zuhause angekommen. Wenn man bedenkt, dass wir bereits um 3:00 Uhr in der Früh losgefahren sind und ich bis dahin noch kein Auge zugemacht hatte, war der Tag gar nicht mal so kurz ;-)

Meine Korrekturleserin Susi wollte noch folgende Bemerkung ergänzen: FORD fahren - heim laufen :-(

Ergebnisliste (Platz 10 | 05:57:42 h)