"eine Leidenschaft, die Leiden schafft"
Berchtesgadener Land Radmarathon (2010)

"eine Leidenschaft, die Leiden schafft"

Fünf Stürze in den ersten fünf Runden

Die Überschrift beschreibt nicht etwa die Bilanz der Veranstaltung und auch nicht die Anzahl der Stürze unseres Teams. Nein – das ist meine ganz persönliche "Ausbeute". Aber von vorne: Meine Arbeitskollegen Matthias Müller, Jochen Bolkart und ich wollten mal aus "Fun" an einem Mountainbike-Event teilnehmen. Als Matthias dann was vom 10-Stunden-Rennen in Doren (Bregenzerwald) hörte, haben wir uns spontan als "Team Leuba" angemeldet.

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Irgendwo auf der Strecke


Die Spielregeln

Bei diesem Langstreckenwettkampf musste ein 4,4 Kilometer langer Parcours 10 Stunden lang befahren werden. Danach wurden die Sieger aufgrund der gefahrenen Runden und der dazu benötigten Zeit ermittelt. Die Fahrzeit war zwar mit 10 Stunden fixiert, man konnte jedoch die letzte Runde noch zu Ende fahren und wurde danach mit der exakten Fahrzeit gewertet. Die Wechselmodalitäten wurden dem Team überlassen und man konnte beliebig oft wechseln. In folgenden Klassen konnte gestartet werden: Einzel Herren, Einzel Frauen, Team Herren, Team Frauen, Team Mixed und Team 120. Ein Team bestand immer aus 3 Mitgliedern und beim zuletzt genannten Team mussten die Mitglieder zusammen mindesten 120 Jahre alt sein.

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Matthias während seiner Pause


Unsere Taktik

Wir gingen natürlich in der Klasse "Team Herren" an den Start und unsere Taktik war im Vorfeld bereits demokratisch verabschiedet worden. Jeder sollte 2 Runden fahren, bevor er dann an das nächste Teammitglied übergab. Mit dieser Variante musste man in etwa eine halbe Stunde fahren und hatte danach wieder ca. 1 Stunde Pause. Natürlich fuhren die meisten anderen Teams immer nur eine Runde bis zum Wechsel, was für eine gute Zeit und eine vordere Platzierung auch Voraussetzung war. Da es uns jedoch hauptsächlich um den Spaß ging, zogen wir längere Fahrt- und somit auch Pausenzeiten vor. Als erster ging Matthias auf die Strecke, danach legte Jochen 2 Runden zurück und als letzter wurde ich auf die 4,4 Kilometer geschickt.

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Jochen kurz vor seinem Einsatz


Meine ersten beiden Runden

Als Jochen in der Wechselzone nach seiner 2. Runde an mich übergab, nahm das Sturz-Debakel seinen Lauf. Hoch motiviert machte ich mich auf die erste Runde. Kurz nach dem Start kam der einzig längere Anstieg, welchen ich noch mit hohem Puls und schnellem Tritt zurücklegte. Oben angekommen stand eine gefährliche Schotter-Abfahrt an. Mit dem Wort „gefährlich" aus dem vorherigen Satz möchte ich folgendes zum Ausdruck bringen: Mich hat es bei maximaler Geschwindigkeit ausgehebelt und vorne über meinen Lenker geschleudert. Nach einigen Schrecksekunden und der Gewissheit dass ich zwar blute, aber nichts gebrochen war, setzte ich meine Fahrt fort. Nach der Abfahrt auf geröllartigem Terrain ging es auf eine völlig verschlammte Wiese. Hier warf mich mein Fahrrad, wie ein widerspenstiger Esel, ein zweites Mal ab. Wenigstens konnte ich fast 200 Meter zwischen Sturz 1 und Sturz 2 zurücklegen. Leicht irritiert setzte ich meine Fahrt fort, wenn man bei diesem Stürze-pro-Meter-Verhältnis von einer Fahrt sprechen kann. Nachdem ich die 1 Runde absolviert hatte und an der Wechselzone vorbei kam, dachte ich: So jetzt kennst du die gesamte Strecke, nun kann nichts mehr schief gehen! Weit gefehlt - auf meiner zweiten Runde stürzte ich auf einem Single-Trial im Wald. Leicht angeschlagen und etwas blutend übergab ich dann in der Wechselzone an Matthias und musste mich mit der Quote 3 Stürze in 2 Runden abfinden. Ein Streckenbetreuer schickte mich, nach dem er mich gesehen hatte, zu den Sanitätern. Diese wiederum desinfizierten einen tieferen Cut am linken Ellenbogen und banden diesen und den rechten Ellenbogen ein. Diese weiße Mullbinde konnte jedoch bei diesen Wetter- und Streckenbedingungen ihre Farbe nicht lange halten :-)

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Gezeichnet von den Strapazen


Weiteres Renngeschehen

Nachdem ich bei meinem zweiten Turn in Runde 3 einen weiteren Sturz im Schlamm zu verbuchen hatte, konnte ich die 4. Runde (man mag es kaum glauben) ohne Sturz beenden. Meine beiden Teammitglieder hatten auch ihren Rhythmus gefunden und sind im Gegensatz zu mir, den ganzen Tag sturzfrei geblieben. Meinen Aha-Effekt hatte ich dann in der 5. Runde, als ich bereits nach ca. 150 Metern auf dem Teer zu Boden ging. Zu diesem Zeitpunkt war ich dann auf Schotter, auf der Wiese, auf dem Single-Trial, im Schlamm und nun auch auf dem Teerbelag gestürzt. Links wie rechts hatte ich nun offene Wunden an Armen und Beinen. Was während der Fahrt noch erträglich war, machte mir nach den Pausen jedoch zu schaffen und es wurde immer schwieriger, wieder aufs Rad zu steigen. Als ich also am Anfang der 5. Runde auf dem Teer lag, wollte ich am liebsten mein Fahrrad (wie einst Bjarne Riis beim Zeitfahren) wegschmeißen und aufgeben. Bei einem Teamwettbewerb kann man jedoch nicht nur an sich selber denken und muss auf die Zähne beißend weiterfahren. Ab diesem Zeitpunkt bin ich jedoch bei jeder Abfahrt, bei jedem Wiesen- bzw. Schlammabschnitt nur noch mit (symbolisch) angezogener Bremse gefahren. Ich wurde in diesen Streckenteilen zwar häufig überholt konnte dafür ohne Sturzunterbrechung bei den Anstiegen, auf Schotter und auf Teer wieder aufholen. So blieb es dann auch bei meinen 5 Stürzen und ich konnte die restlichen 9 Runden unfallfrei abspulen. Nichts desto Trotz sah ich nach dem Duschen aus wie ein Streuselkuchen und es gab nicht mehr viele Stellen an meinem Körper, die nicht mit Schnitten oder Schürfungen übersät waren.

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Nach der Zeltdurchfahrt


Abschließendes Resümee

Nachdem wir tagsüber bei den Zwischenzeiten vorwiegend auf Platz 23 geführt wurden, konnten wir diesen Platz auch durch eine geschlossene Mannschaftsleistung ins Ziel retten. Bei meinem Tagesglück ging es am Ende natürlich so auf, dass ich nicht 2, sondern noch 4 Runden fahren musste. Somit fuhr ich 14 Runden in einer Zeit von 03:24:54 Stunden, was einer durchschnittliche Rundenzeit von 14:38 Minuten entsprach. In den Ergebnislisten stehe ich übrigens als Jochen Bolkart, da wir versehentlich die Zeitmessungs-Chips vertauscht haben. Meine beiden Teamkollegen legten beide 12 Runden zurück, so dass wir als "Team Leuba" mit 38 Runden und einer Zeit von 10:04.12 Stunden gewertet wurden. Das entspricht einer Distanzleistung von 167,2 Kilometer, welche mit viel Schweiß, Dreck und in meinem Fall auch Blut bezahlt werden musste. Aber egal – wenn meine Wunden erst mal verheilt sind, bleibt mir mein erstes Mountainbike-Abenteuer sicherlich in guter Erinnerung.

Wer weiß, vielleicht stellt sich das "Team Leuba" im nächsten Jahr wieder der Herausforderung von Doren? Eines steht jedoch schon fest...

Ein Teammitglied wird bis dahin an seiner Mountainbike-Technik arbeiten!

Ergebnisliste (Platz 23 | 38 Runden)