"eine Leidenschaft, die Leiden schafft"
Berchtesgadener Land Radmarathon (2010)

"eine Leidenschaft, die Leiden schafft"

Craft Bike Trans Germany

Nachdem ich im Jahr 2008 mit Pat Gehrig bereits am Mountainbike-Etappenrennen Vaude Trans Schwarzwald teilgenommen hatte, sollte die Bike Trans Germany bereits mein 2. Mountainbike-Etappenrennen werden. Das darf durchaus als mutig oder vielleicht eher als größenwahnsinnig bezeichnet werden, wenn jemand (der wie ich) fast nie mit dem Mountainbike fährt und auch technisch nicht biken kann, dennoch an mehrtägigen Mountainbike-Events teilnimmt.

Patrick Gehrig war erneut der Teammanager und hat unter dem Namen „Team MLS" folgende Mitglieder angeheuert: Ludwig Gegenbauer (seines Zeichens Kapitän der Gruppe), Jürgen Blank, Daniel Holz und meine Wenigkeit. Die (nicht gerade günstige) Startgebühr wurde von unserem Hauptsponsor, der Firma MLS - Mikrowellen Labor Systeme übernommen, wofür ich mich nochmals in aller Form recht herzlich bedanken möchte.

1. POST (Vorschau) vom 01.06.2010

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Team MLS in Sonthofen: Stefan, Ludwig, Jürgen, Pat und Daniel


Etappe 1: Mittwoch, 02.06.2010
Garmisch – Lermoos

Mein Vater stellte sich als Fahrer zur Verfügung und so ging es am Mittwoch in aller Früh mit dem Vereinsbus der TSG Leutkirch nach Garmisch. Auf der Hinfahrt konnten wir bereits erahnen, was uns am ersten Tag für ein Wetter erwarten sollte. Bei der Akkreditierung gab es wieder eine schöne Tasche welche man bis oben hin füllen konnte und die dann anschließend vom Taschendienst von Etappenort zu Etappenort transportiert wurde. Dieser Service ist echt genial und die Tasche befindet sich nach dem Rennen meistens bereits im Hotel bzw. in der Pension. Bei der Startaufstellung hatten Pat und ich Glück, da wir eine gültige Lizenz besitzen, durften wir in den 1. Startblock. Hier standen wir dann ein halbe Stunde und wurden schön gleichmäßig vom Regen aufgeweicht. Kurz vor dem Startschuss war mir dann auch richtig kalt, was aber wiederum kurz nach dem Startschuss plötzlich verflogen war ;-) In kürzester Zeit pumpt es einem das Adrenalin ins Blut und auch das stark arbeitende Herzkreislaufsystem lässt einen die Kälte nicht mehr spüren.

Ich bin das Rennen relativ schnell angegangen, vielleicht etwas zu schnell. Nach ungefähr dem 1. Drittel bekam ich auf einmal Magenprobleme, so ähnlich wie man sich ein extrem übles Seitenstechen vorstellen würde. Bei jeder Umdrehung meiner Kurbel, bekam ich einen schmerzhaften Schlag in die Magengegend. Ich musste dann (wortwörtlich) ein paar Gänge zurückschalten, was natürlich zur Folge hatte, dass ich auch von einigen Gruppen wieder überholt wurde. Leider verschwand das Problem nicht so schnell, wie es gekommen war und es dauerte noch bis zum längsten Anstieg des Tages. Hier bemerkte ich, dass ich auf einmal wieder ein höheres Pulsniveau fahren konnte. Noch am selben Anstieg konnte ich dann auch einen Teil der Fahrer wieder einholen, welche ich zuvor noch ziehen lassen musste. Auf der darauf folgenden Teer-Abfahrt ließ ich es laufen und kam wieder ein Stück vorwärts. Am letzten Anstieg des Tages, konnte ich aufgrund des etwas langsameren Mittelteils, nochmals richtig pushen. Hier hab ich bestimmt nochmals 15 – 20 Fahrer(innen) überholt. Kurz vor dem Ziel gab es dann noch eine anspruchsvolle Freeride-Passage, welche ich sehr vorsichtig hinter mich gebracht habe. Im Ziel standen trotz miserablem Wetter tatsächlich einige Zuschauer und vor denen wollte ich nicht mehr stürzen und so bin ich fast in Zeitlupe durch den slalomartigen Zieleinlauf gefahren.

Nachdem der wieder einmal geniale Scott-Service mein Bike gewaschen und gepflegt hatte – vielen Dank nochmals – traf ich Pat im Zielbereich, welchen ich vor lauter Dreck im Gesicht fast nicht erkannt hatte. Danach machte ich mich auf den Weg zu unserer Pension, welche absolut empfehlenswert war, da wir unsere Kleidung gewaschen bekamen und anschließend im Heizraum trocknen konnten. Der Hauswirt hat uns dann anschließend sogar noch zur Pastaparty gefahren. Nach dem Essen und der Siegerehrung, suchten wir uns in der Nähe unserer Pension noch eine Wirtschaft zum Einkehren – und wir haben eine gefunden ;-)

2. POST (Etappe 1) vom 02.06.2010
Etappenergebnis Herren (Platz 92 | 03:47:51 h)

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Dauerregen kurz vor dem Startschuss zur 1. Etappe

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Was soll einem noch passieren, wenn man schon komplett durchnässt ist?

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...man wird zusätzlich noch von oben bis unten "eingesaut" :-(



Etappe 2: Donnerstag, 03.06.2010
Lermoos – Pfronten

An diesem Tag haben wir uns eigentlich die große Wetterwende erhofft, aber leider war es noch nicht so weit – im Gegenteil. Am Start verkündete der Racedirektor, dass die hiesige Feuerwehr einen Teil der Strecke gesperrt und als unbefahrbar eingestuft hatte. Die Strecke wurde somit spontan etwas abgeändert und wir wurden vorgewarnt, dass es bereits auf den ersten Kilometern von unten her sehr nass werden würde. So war es dann tatsächlich, wir mussten auf den ersten paar Kilometern durch neu entstandene und fast 20 cm tiefe Seen fahren. Zum Problem werden die nassen Schuhe und Klamotten erst, wenn man dann die Berge hoch kommt und die Temperaturen einstellig werden. Egal Mountainbike-Sport ist nichts für Weicheier und es gilt auch hier wieder einmal Wettkampfregel Nr. 1: Wer schneller fährt – ist schneller im Ziel ;-)

Vor dem Ziel hatte ich jedoch mit so manchen technischen Problemen zu kämpfen. Kurz nach dem alten Gaichtpass konnte man meine vordere Scheibenbremse im Umkreis von ein paar hundert Metern hören. Es ging zwar stetig bergauf, aber das war ja noch nicht genug. Meine Vorderbremse meinte diesen schmerzhaften Eindruck durch dauerhaftes bremsen noch unterstützen zu müssen. Mal war es schlimmer, dann wieder etwas besser. Ich hab dann ein paarmal angehalten und mir die Bremse angeschaut, aber mit meinen beiden linken Händen wusste ich mir nicht zu helfen. Als es wieder schlimmer wurde, hab ich einen vorbeifahrenden Fahrer gefragt, ob es für dieses Problem eine Lösung gäbe. Er meinte jedoch nur, dass evtl. die Bremsscheibe verbogen sei und ich da nichts machen könne. Kurz darauf musste ich jedoch durch ein relativ tiefes Flussbett fahren und auf einmal war das Geräusch und auch der unfreiwillige Bremseffekt weg. Schnell kombiniert hab ich dann im weiteren Tagesverlauf keine Pfütze mehr ausgelassen und an der Labe auch nochmals mit Wasser den Bremssattel und die Bremsscheibe gereinigt.

Das Problem dauerte ja den größten Teil des Rennens an und so hab ich natürlich wieder unzählige Plätze verloren, aber ich war ja zu diesem Zeitpunkt froh, wenn ich überhaupt ins Ziel kommen würde. Am Schluss stand nochmals ein paar Kilometer Highspeed bei leicht abfallender Teerstraße auf dem Programm, bevor ich in Pfronten das Ziel erreicht habe. Während ich mich in einem Turnhallenvorraum aufwärmte, wurde am Scott-Stand mein Schalthebel getauscht. Bevor wir dann die Pension aufsuchten konnte ich mein gewaschenes, gepflegtes und repariertes Bike abholen :-)

Auch die Pension von Pfronten war ein absoluter Volltreffer. Die Dame des Hauses hat unsere ganzen Klamotten gewaschen und getrocknet. Wir bekamen nach dem Duschen sofort einen Kaffee serviert und wurden Abends wieder zur Pastaparty gefahren. Ich hab selten solche Gastfreundschaft erlebt, wie während dieser Tage. Übrigens die Wetteraussichten für den nächsten Tag waren sehr vielversprechend :-)

3. POST (Etappe 2) vom 03.06.2010
Etappenergebnis Herren (Platz 109 | 03:21:32 h)

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Auch auf der 2. Etappe...

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...war es noch nicht spürbar wärmer und trockener :-(

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Mehrmals wurde man sogar von unten nass



Etappe 3: Freitag, 04.06.2010
Pfronten – Sonthofen

Augen auf – Blick aus dem Fenster und man konnte es kaum glauben, die Sonne schien und es war perfektes Wetter zum Biken. Noch in der Startaufstellung habe ich erst meine Ärmlinge und etwas später sogar noch meine Windweste ausgezogen. Pünktlich zum Startschuss konnten wir tatsächlich kurz/kurz (Erklärung: siehe 1. Bildunterschrift) los fahren. Diese Etappe hatte es in sich, das Profil glich einem Sägeblatt und ich kam ganz schön ins schwitzen – grad' schön war's!

Irgendwann überholte mich bergauf die Führende in der Frauenwertung Elisabeth Brandau. Im Ziel hat sich herausgestellt, dass Sie gemeinsam mit der zweitplatzierten Pia Sundstedt (FIN) gestürzt war. Da es Pia Sunstedt schlimmer erwischt hatte, blieb sie zur Erstversorgung noch bei ihr und begann anschließend ein Aufholjagd. Bei der darauf folgenden Teerstraßen-Abfahrt konnte ich die Profi-Mountainbikerin jedoch wieder überholen und so wechselten wir bis ins Ziel noch zweimal die Position. Im Gelände ist sie, sowohl den Berg hoch, als auch runter an mir vorbeigefahren und bei den Abfahrten auf Teerstraßen konnte ich sie wieder überholen. Auf der letzten Abfahrt verschaffte ich mir jedenfalls einen kleinen Vorsprung, welchen ich tatsächlich auch noch über das letzte Geländestück bin ins Ziel nach Sonthofen retten konnte ;-)

Als Zielverpflegung habe ich mich mit Landjäger und Essiggurken belohnt – lecker! Insgesamt möchte ich es nicht unerwähnt lassen, wie sich Sonthofen als Etappenort präsentiert hat. Ich war ja schon positiv von Lermoos und Pfronten überrascht, aber Sonthofen hat nochmals einen draufgepackt: Beeindruckender Zielbereich, tolle Zuschauerkulisse, beste Zielverpflegung, bestes Abendessen und bestes Rahmenprogramm. Nur unsere Unterkunft war die Tage zuvor wesentlich angenehmer und besser. Dafür kann jedoch die Stadt Sonthofen nichts, dass wir uns in einer Art Jugendherberge einquartiert haben. Hier hatten wir nur Etagenbetten und weder einen Tisch noch einen Nachttisch. Dafür war es vom Preis her etwas teurer als die Tage zuvor, wo man sogar unsere Wäsche gewaschen und uns einen Taxidienst geboten hat. Egal – alles in allem war es meine Lieblingsetappe.

4. POST (Etappe 3) vom 04.06.2010
Etappenergebnis Herren (Platz 95 | 02:35:15 h)

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kurz/kurz = kurzes Radtrikot & kurze Radhose

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Erst ging es den Berg hoch...

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...und dann wieder runter :-)

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Das Wetter war besser, wie es der Himmel auf diesem Foto vermuten lässt

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Etappen-Nachbesprechung im Zielbereich von Sonthofen


Etappe 4: Mittwoch, 05.06.2010
Sonthofen – Bregenz

Es hätte ein so schöner Abschluss werden können ... aber erstens kommt es anders und zweitens als man denkt! Der Tag begann vielversprechend, das Wetter zeigte sich erneut von seiner besten Seite und so konnten wir top-motiviert und bestens gelaunt in Sonthofen starten. Die ersten kürzeren Anstiege ließen mich schon spüren, dass es wohl kein Zuckerschlecken über den Riedbergpass wird. So war es dann auch, ich musste richtig leiden, habe mich jedoch Meter für Meter hochgequält. Bei der anschließenden Abfahrt und dem längeren Flachstück nach Hitisau lief es hervorragend. Auch an diesem Tag befand sich wieder Prominenz in meiner Gruppe, noch vor Hitisau sind wir auf eine Gruppe aufgefahren in der sich die drittplatzierte Milena Landtwing (Team Rothaus-Cube) befand.

Gemeinsam mit ihr und ca. 5 Männern haben wir dann die Hauptstraße verlassen und sind wieder in einem Waldstück verschwunden. Irgendwann ist unsere 6er-Gruppe dann auf einen Fluss zu gefahren und es war nicht sofort klar ob man vor oder nach dem Fluss links weiterfahren musste. Der Pfeil jedoch zeigte noch vor dem Fluss nach links. Nach hektischen Diskussionen und einigem Hin- und Herfahren hat sich unsere Gruppe entschlossen noch vor dem Fluss links abzubiegen. Bei einem schnellen Blick zurück, habe ich noch gesehen, wie (durch unsere unfreiwillige Pause) schon die nächste Gruppe im Anflug war und ebenfalls uns auf der linken Flussseite folgte. Es folgte ein Anstieg und einige Gruppenmitglieder meinten, dass es laut Profil passen würde und es jetzt 200 Höhenmeter hochgehen müsse. Das tat es dann auch, jedoch kam kein einziger Richtungspfeil mehr und wir sind dennoch Kehre für Kehre hochgefahren, in der Hoffnung, dass oben die nächsten Beschilderungen auftauchen. Leider war dem nicht so! Ich bin als erstes oben angekommen und da war weit und breit nichts zu sehen. Wir waren mittlerweile eine sehr, sehr große Gruppe geworden und es brach ein Mix aus Panik und Verzweiflung aus. Ein Einheimischer erklärte mir mit ordentlich Dialekt, dass wir definitiv falsch gefahren sind. Also drehten wir alle um und da ich vorher der erste der Gruppe war, fand ich mich nun als letzter einer (ohne Übertreibung) ca. 300 Mann starken Gruppe.

Die „POST" schrieb anschließend unter der Rubrik Pechvögel des Tages folgendes:
Heute gibt es gleich eine ganze Gruppe von Pechvögeln. Aufgrund eines verdrehten Schildes fuhren etwa 400 Fahrer einen falschen Weg. Als sie es nach etwa 15 Minuten und 350 Höhenmetern später bemerkten, war das Chaos groß. Doch wir können mit Sicherheit sagen, dass am Ende alle Fahrer das Ziel erreicht haben.

Ich würde es folgendermaßen umschreiben:
Es hätte eine sehr gute Etappe werden können und mein mir gestecktes Ziel, in der Gesamtwertung noch einen 8er vorne hin zu bekommen (Platz 89 oder besser ) war greifbar nahe. Auch in der Teamwertung wollten wir noch einen 4er vorne hin bekommen (Platz 49 oder besser), was auch realistisch gewesen wäre. Durch dieses unerfreuliche Ereignis kam ich jedoch ca. 40 Minuten und 190 Plätze später ins Ziel. Das Problem war nicht nur die Zeit in der wir auf dem falschen Weg waren, sondern die große Gruppe welche sich nun gebildet hatte. Im Folgenden kamen nämlich schmale Wege und mehrere Brücken. Vor der (im Briefing erwähnten) kleinen Holzbrücke musste ich beispielsweise über 15 Minuten warten.

Über Dinge die man nicht beeinflussen kann, sollte man jedoch auch nicht zu lange grübeln. Auf einmal entdeckte ich meinen Team-Kapitän Ludwig in der Menschenmenge und mit ihm bin ich dann das Rennen zu Ende gefahren. Ludwig hatte dann noch ca. 1 Kilometer vor dem Ziel unverschuldet einen üblen Sturz, es ist jedoch glücklicherweise nichts passiert. Und schon wurde einem wieder aufgezeigt, was wirklich wichtig ist: Wir sind alle gesund und unfallfrei in Bregenz angekommen!

5. POST (Etappe 4) vom 05.06.2010
Etappenergebnis Herren (Platz 259 | 03:23:22 h)

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Kurz vor dem Start zur letzten Etappe

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Zieldurchfahrt mit meinem Team-Kapitän Ludwig

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Geschafft - mein erstes Mountainbike-Rennen ohne Sturz :-)

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Zwischen Ludwig und mir, musste am Ende das Zielfoto entscheiden ;-)


Die Gesamtplatzierung hatte sich somit auch erledigt und statt einem 8er an erster Stelle, gab es nun sogar einen 1er - leider war meine Platzierung nun nicht mehr zwei- sondern dreistellig :-( Lassen wir mal die sportlichen Aspekte bei Seite, mir hat es riesig Spaß gemacht mit einer so tollen Gruppe ein paar Tage über Stock und Stein zu fahren. Hiermit möchte ich mich nochmals bei unserm Sponsor und auch bei meinen Teammitgliedern für diese schönen Tage bedanken. Als letztes großes Etappenrennen fehlt mir jetzt nur noch die Bike Transalp. Wer weiß, vielleicht wage ich mich wieder mal auf ein Mountainbike.

Gesamtergebnis Herren (Platz 105 | 13:08:01 h)
Gesamtergebnis Teamwertung (Platz 51 | 11.534 Punkte)